Text: Hans Christian Schwenker
Zu dem von Architekten häufig verschenkten Honorar gehören die Zinsen, die der Bauherr schuldet, wenn er in Verzug gerät. Diese sogenannten Verzugszinsen werden nämlich oft nicht gefordert, obwohl ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht. Der Zinssatz auf verspätet gezahlte Honorare hat sich durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr im Sommer 2014 erhöht. Er beträgt für Architektenverträge, die nach dem 28. Juli 2014 geschlossen worden sind, neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, soweit an dem Rechtsgeschäft kein Verbraucher beteiligt ist (§ 288 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Für vorher abgeschlossene Verträge beträgt der Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Für Architektenverträge, deren Auftraggeber ein Verbraucher ist, liegt der Zinssatz für Vergütungsforderungen fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli von der Bundesbank festgelegt (http://basiszinssatz.info) und beträgt seit dem 1. Januar 2015 minus 0,83 Prozent. Trotz des negativen Zinssatzes steht daher Architekten ein Zinsanspruch in Höhe von 8,17 bzw. 4,17 Prozent zu, auf den sie nicht verzichten sollte. So hat ein Architekt in einem gerichtlich entschiedenen Fall auf seine Vergütungsforderung von 222.365,90 Euro für den Zeitraum vom 24. November 2005 bis 29. August 2007 Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und somit 39.429,68 Euro erhalten (OLG Naumburg IBR 2010, 344; Az. 1 U 108/09).
Dem Architekten stehen Verzugszinsen zu, wenn der Auftraggeber trotz Fälligkeit und Mahnung nicht zahlt, er also mit der Honorarzahlung in Verzug geraten ist. Die erste Voraussetzung ist demnach die Fälligkeit der Forderung aus der Rechnung, wobei hier nur die Schlussrechnung dargestellt wird. Die Fälligkeit des Architektenhonorars setzt nach § 15 Abs. 1 HOAI neben der Prüfbarkeit der Rechnung seit der HOAI 2013 auch die Abnahme der Architektenleistung durch den Bauherrn voraus. Prüfbar ist eine Rechnung, wenn sie den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers genügt. Ist der Auftraggeber der Auffassung, dies sei nicht der Fall, muss er dem Architekten innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Rechnung mitteilen, warum er die Schlussrechnung nicht für prüfbar hält, das heißt, welche Informationen er noch benötigt, um die Rechnung überprüfen zu können. Erfolgt eine solche Rüge nicht innerhalb von zwei Monaten, gilt die Rechnung als prüfbar und wird somit fällig, auch wenn sie tatsächlich nicht prüfbar ist. Der Bauherr kann aber dieselben Einwendungen, die er gegen die fehlende Prüfbarkeit hätte vorbringen können, gegen die sachliche Richtigkeit der Schlussrechnung erheben. Und Abnahme, als weitere Voraussetzung der Fälligkeit, meint (kurz gefasst) die Erklärung des Auftraggebers, dass das hergestellte Werk vertragsgemäß erbracht wurde.
Zweite Voraussetzung für das Anfallen von Verzugszinsen ist, dass sich der Auftraggeber in Verzug mit der Zahlung der Rechnung befindet. Dafür reicht nicht aus, dass die Schlussrechnung den Zusatz enthält „zahlbar bis …“. Denn nach dem Grundmodell des BGB muss die für die Herbeiführung des Verzuges erforderliche Mahnung nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgen. Die Herbeiführung der Fälligkeit und die Mahnung können daher nicht in einem Schreiben enthalten sein. Der Schuldner gerät erst mit dem Zugang der Mahnung in Verzug, wobei der Gläubiger nachweisen muss, dass dem Schuldner die Mahnung zugegangen ist. Unter einer Mahnung versteht man die Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, die bisher unterbliebene Leistung vorzunehmen, also die Schlussrechnung auszugleichen. Üblicherweise setzt der Architekt dem Bauherrn eine Frist, innerhalb derer die Zahlung zu erfolgen hat. Darin liegt neben einer Mahnung eine Stundung der Forderung bis zum genannten Termin. Am Tag nach dem Ablauf der Frist tritt Verzug ein. Höchstrichterlich nur teilweise geklärt ist die Frage, ob es für die fristgemäße Zahlung auf das Überweisungsdatum oder auf die Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers ankommt.
Früher ging die Rechtsprechung davon aus, dass für die fristgemäße Zahlung die Vornahme der Überweisung durch den Gläubiger ausreichte, soweit die Deckung auf dem Gläubigerkonto ausreichte oder ein Dispositionskredit zur Verfügung stand. Für den unternehmerischen Verkehr kann diese Auffassung nicht aufrechterhalten bleiben, weil sie gegen die europäische Zahlungsverzugsrichtlinie verstößt, so hat es der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH IBR 2008, 254; Az. C-306/06). Daher muss bei einer Zahlung durch Banküberweisung der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben sein, wenn das Entstehen von Verzugszinsen vermieden werden soll. Da die Zahlungsverzugsrichtlinie nur den unternehmerischen Verkehr erfasst, ist umstritten, ob dieser Grundsatz auch für Überweisungen von Verbrauchern an Unternehmer gilt, zu denen auch Architekten zählen. Das OLG Karlsruhe bejaht dies (IBR 2014, 1214; Az. 7 U 177/13). Danach kommt es generell bei Zahlung durch Überweisung auf das Datum der Gutschrift an.
Neben der Mahnung kennt das Gesetz weitere Möglichkeiten, den Schuldner in Verzug zu setzen. Eine davon ist die Vereinbarung eines festen Termins für die Zahlung. Verstreicht dieser Termin, tritt ohne Mahnung automatisch Verzug ein. Notwendig ist aber eine beidseitige Vereinbarung, eine einseitige Terminbestimmung reicht nicht aus. Dieser in § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB geregelte Fall wird im Architektenhonorarrecht kaum vorkommen. Aber auch, wenn der Schuldner endgültig und bestimmt die Zahlung verweigert, bedarf es keiner Mahnung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB), dies wäre schließlich eine bloße Förmelei. Von größerer praktischer Bedeutung ist eine 2001 eingeführte Neuerung im Verzugsrecht. Danach kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens dann in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet (§ 286 Abs. 3 BGB). Dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Lässt sich der Zugang der Rechnung nicht nachweisen, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. Da kaum ein Architekt Rechnungen so verschickt, dass deren Zugang beim Bauherrn nachweisbar ist, sollte der Architekt vorsorglich eine ausdrückliche Mahnung aussprechen, wenn der Bauherr nicht zahlt. Auch der Zugang der Mahnung muss aber bewiesen werden können, um Verzugszinsen vor Gericht mit Erfolg geltend machen zu können!
Dritte Voraussetzung für Verzugszinsen ist, dass die Hauptforderung besteht und ihr nicht Einwendungen entgegengesetzt werden können. Die Erfahrung lehrt, dass Bauherren im (Er-)Finden von Baumängeln sehr engagiert sind, deren Beseitigungskosten als Schadensersatzanspruch der Schlussrechnungsforderung des Architekten entgegengehalten werden, weil dieser fehlerhaft geplant und/oder seine Bauüberwachungspflichten verletzt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Aufrechnung mit Ansprüchen wegen streitiger Mängel nicht durch ein Aufrechnungsverbot im Architektenvertrag verhindert werden (BGH, Urteil vom 7.4.2011 – VII ZR 209/07).
Das Gericht muss daher in einem solchen Fall die Berechtigung der Schadensersatzansprüche durch Einholung von Sachverständigengutachten aufholen, was zeitaufwendig ist und die Entscheidung verzögert. Stellt sich dann heraus, dass die Ansprüche des Bauherrn nicht bestehen, kann dieser sich nicht darauf berufen, er habe vor der Klärung der behaupteten Mängel nicht zahlen müssen. Zwar bestimmt § 286 Abs. 4 BGB, dass der Schuldner nicht in Verzug gerät, wenn die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Das Vertretenmüssen des Schuldners ist aber keine Verzugsvoraussetzung, sondern ihr Fehlen ein Einwendungstatbestand, für den den Schuldner die Beweislast trifft. Insbesondere stellt es keinen Entschuldigungsgrund dar, die Zahlung im Hinblick auf eine bestimmte Rechtsansicht zu verweigern, die im Prozess dann nicht bestätigt wird (OLG Naumburg IBR 2010, 344).
Es lohnt sich also für Architekten, die auf offenstehende Honorarforderungen anfallenden Verzugszinsen im Blick zu behalten. Selbst wenn diese in einer laufenden Geschäftsbeziehung aus Rücksichtnahme auf den Auftraggeber häufig nicht geltend gemacht werden können, beschleunigt es erfahrungsgemäß die Zahlungsbereitschaft säumiger Auftraggeber, wenn sie auf die von Gesetz wegen anfallenden hohen Verzugszinsen hingewiesen werden.
Hans Christian Schwenker ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hannover.
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