Von Sven Kerkhoff
Die Situation ist vielen Architekten (leider) bestens vertraut: Obwohl der Architekt den vom Bauherrn unterzeichneten Bauantrag bereits vor Monaten eingereicht hat und die Behörde auch keine Unvollständigkeit moniert hat, lässt die Baugenehmigung auf sich warten. Für den nur mit der Erbringung der Genehmigungsplanung etwa in Anlehnung an die Leistungsphasen 1 bis 4 beauftragten Planer stellt sich damit die Frage, ob er auf die Abnahme dieser – aus seiner Sicht ja bereits vollständig erbrachten – Leistung durch den Auftraggeber ebenfalls solange warten muss. Dies würde bedeuten, dass er seine Schlussrechnung erst nach Erlangung der Genehmigung stellen dürfte und die Gewährleistungsfrist ebenfalls erst dann zu laufen beginnt. Dies muss jedoch keineswegs der Fall sein.
Leistung mit Antrag erbracht, nicht erst mit Genehmigung
Bei Beauftragung bis zur Genehmigungsplanung ist, sofern nichts anderes vereinbart wurde, die Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung geschuldet. Diese Leistung ist mit dem Einreichen der entsprechenden Planungsunterlagen und nicht erst mit der Erlangung der Baugenehmigung erbracht (vgl. BGH BauR 1998, 579). Dies gilt allerdings nur, wenn die Planung wirklich vollständig und mangelfrei ist, sich also kein Anpassungs- oder Ergänzungsbedarf mehr ergibt und keine inhaltsändernden Auflagen veranlasst sind (vgl. Seifert/Fuchs, in: Fuchs/Berger/Seifert, Beck’scher HOAI- und Architektenrechtskommentar, Rz. 163 zu § 34).
Neben der Erbringung der Leistung ist die Abnahme derselben sowie die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung notwendig, damit das Honorar fällig wird (§ 15 Abs. 1 HOAI). Der Anspruch auf Abnahme besteht, sobald das Architektenwerk vertragsgemäß hergestellt ist (§ 640 Abs. 1 S. 1 BGB). Zwar wird es bei Stellen des Bauantrags häufig an einer ausdrücklichen Erklärung des Bauherrn fehlen, dass er die Architektenleistungen als im Wesentlichen vertragsgemäß entgegennimmt, sodass keine explizite Abnahme vorliegt.
Zumindest bei einem fachkundigen Bauherrn aber ist, wie das OLG Köln (Beschluss vom 21. Februar 2019, Az.: 16 U 140/18 = BauR 2019, 1199) jüngst entschieden hat, davon auszugehen, dass dieser mit Unterzeichnung des Bauantrags konkludent, also durch schlüssiges Handeln, zu erkennen gibt, die Genehmigungsplanung und damit die Leistung des Architekten als vertragsgemäß zu akzeptieren. Zu dem Einwand, der Bauherr könne zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, ob die Genehmigung erteilt werde, führt das OLG Köln in erfreulicher Deutlichkeit aus: „Darauf, dass das Bauamt auf Basis der dauerhaft genehmigungsfähigen Planungsunterlagen auch tatsächlich eine Baugenehmigung erteilt, hat der Architekt keinen Einfluss. Dieses Risiko fällt in die Sphäre des Bauherrn, der gegebenenfalls seinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung öffentlich-rechtlich durchsetzen muss.“
Voraussetzung für die Annahme einer konkludenten Abnahme bleibt aber die Genehmigungsfähigkeit der Planung (vgl. BGH BauR 1999, 934).
Abschlagsrechnung senkt Streitpotenzial
Der Abnahmezeitpunkt, um den es sich in dem konkreten Fall drehte, ist vor allem bedeutsam für den Beginn der Gewährleistungsfrist. Für die Abrechnungspraxis dürfte sich die Entscheidung des OLG Köln hingegen nur begrenzt nutzbar machen lassen, denn vor Erhalt der Baugenehmigung können auch für den Planer im Einzelfall relevante Restzweifel an der Vollständigkeit und Genehmigungsfähigkeit der eingereichten Unterlagen verbleiben. Das Ausbleiben einer Monierung seitens der Bauaufsicht (beispielsweise nach § 71 Abs. 1 S. 2 BauO NRW 2018) ist insoweit wenig aussagekräftig. Daher kann es unter Umständen anzuraten sein, zunächst etwa nur die Grundlagenermittlung, Vorentwurfs- und Entwurfsplanung mit einer Abschlagsrechnung geltend zu machen, um den Streit über die Genehmigungsfähigkeit der Planung nicht jenseits des Verwaltungsverfahrens zivilrechtlich führen und diese gegebenenfalls gesondert beweisen zu müssen.
Im Übrigen ist aus Gründen der Rechtssicherheit stets zu empfehlen, eine ausdrückliche Abnahmeerklärung des Bauherrn einzufordern und es nicht auf eine konkludente Abnahme ankommen zu lassen (siehe DAB 12.2013, „Abnahme unverzichtbar“). Dabei kann durchaus auf das Urteil des OLG Köln verwiesen werden, wenn der Bauherr davor zurückschrecken sollte, eine solche Erklärung bereits parallel zur Unterzeichnung des Bauantrags abzugeben.
Für zusätzliche, aktuelle Hintergrundinformationen zur Abnahme sei auf den Artikel „Abnehmen leicht gemacht“ aus DAB 05.2018 verwiesen. Darin geht es unter anderem darum, dass Architekten seit jeher einen Anspruch gegen den Bauherrn auf Erklärung der Abnahme haben, wenn sie ihre Leistung im Wesentlichen vertragsgemäß erfüllt haben, und seit zwei Jahren auch einen gesetzlichen Anspruch auf Teilabnahme ab der Abnahme der letzten Leistung des bauausführenden Unternehmers. Teilabnahmen können und sollten in manchen Fällen – wie etwa vor einer Beauftragung mit der Objektbetreuung – vertraglich vereinbart werden.
Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
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