Text: Florian Hartmann
Im Jahr 2014 wurden knapp 175.000 so genannte „Erstasylanträge“ gestellt – so viele wie seit über zwanzig Jahren nicht mehr. Für das Jahr 2015 wird mit etwa 200.000 Anträgen gerechnet. Die Unterbringung stellt Städte und Gemeinden vor zahlreiche Probleme. Darauf hat der Bundesgesetzgeber reagiert und das „Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen“ verabschiedet. Es ist am 26.11.2014 in Kraft getreten und bringt zahlreiche Neuerungen, die insbesondere für die Praxis der Architekten und Stadtplaner von Bedeutung sein können. Die wesentlichen Änderungen sind:
Mit dem neu eingefügten § 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB haben die Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen auch die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihre Unterbringung besonders zu berücksichtigen. Ebenfalls ergänzt wurde die Vorschrift des § 31 BauGB (Ausnahmen und Befreiungen). Künftig kann eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans auch dann gewährt werden, wenn dies Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden. Nach wie vor darf die begehrte Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berühren und muss unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein – insoweit bleibt es bei der alten Rechtslage. Die vorgenannten Änderungen des BauGB sollen dauerhaft Bestand haben.
Weitere Regelungen gelten befristet bis zum 31. Dezember 2019 (§ 246 Abs. 8 bis 10 BauGB). Die erste betrifft den unbeplanten Innenbereich, in dem § 34 BauGB anzuwenden ist. Hier sollen Nutzungsänderungen erleichtert werden, wenn Geschäfts-, Büro- oder Verwaltungsgebäude künftig der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen. In diesen Fällen ist es nicht erforderlich, dass sich die Anlagen in die nähere Umgebung einfügen. Entsprechendes soll für die Erweiterung, Änderung oder Erneuerung solcher Unterkünfte gelten. Auch im Außenbereich, § 35 BauGB, sowie in beplanten und faktischen Gewerbegebieten, § 30 sowie § 34 Abs. 2 BauGB, wird es nach der Neuregelung einfacher sein, Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende zu schaffen. Gerade Nutzungsänderungen in Gewerbegebieten waren in der Vergangenheit häufiger Gegenstand von Verwaltungsgerichtsentscheidungen. Hier konnten Nachbarn, die sich gegen Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber wehren wollten, regelmäßig mit Erfolg auf ihren Gebietserhaltungsanspruch verweisen und die Nutzungsänderung verhindern (vgl. z.B. VG Ansbach, Urteil vom 9. Oktober 2014 – AN 9 K 14.00830).
Dr. Florian Hartmann ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Geschäftsführer der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Beispiele aus Hamburg zeigen, wie Flüchtlinge in Deutschland heute untergebracht sind
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