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Vorsicht in Phase 8

In der Bauüberwachung lauern besonders tückische Haftungsfallen.

01.11.200715 Min. Kommentar schreiben

Alexandra Seemüller, Markus Prause

Die Bauüberwachung ist eine typische und zentrale Leistung von Architekten. In ihr geht es letzten Endes um die Realisierung des geplanten Werks. Die herausgehobene Bedeutung der Bauüberwachung berücksichtigt nicht zuletzt die HOAI – die Leistungsphase 8 wird mit 31 Prozent des Gesamthonorars vergütet, also fast einem Drittel.

Doch für den Architekten zieht die Objektüberwachung erhebliche Haftungsgefahren nach sich. Nach Auskunft der Versicherer bildet die Leistungsphase 8 neben der Leistungsphase 5 den haftungsanfälligsten Tätigkeitsbereich. Hier spiegelt sich wider, dass die Rechtsprechung die Pflichten des Architekten aus der Bauüberwachung sehr streng formuliert und Architekten bei Überwachungsfehlern häufig mit zur Verantwortung zieht. Um der Haftungsgefahr zu begegnen, ist es wichtig, die eigenen Leistungspflichten zu kennen. Im Nachfolgenden sollen die Pflichten des Architekten in der Leistungsphase 8 anhand der Rechtsprechung der letzten Jahre konkret dargestellt werden.

1. Überwachungspflichten

Die Bauüberwachung wird in der Rechtsprechung als Werk­leistung verstanden. Der Architekt schuldet als Erfolg seiner Tätigkeit das Entstehenlassen eines mangelfreien Bauwerkes. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg formuliert in einem Urteil vom 29.5.2006 (Az. 1 U 27/06) hierzu etwas verklausuliert: „Der isolierte Bauüberwachungsvertrag ist ein Werkvertrag: Der Architekt schuldet alle Tätigkeiten, die zur Gewährleistung der mangelfreien Bewirkung der überwachenden Bauleistungen erforderlich und ihm zu­mut­bar sind und insoweit die mangelfreie Leistungsausführung als Erfolg.“ Der Bundesgerichtshof (BGH) drückte dies in einer Entscheidung vom 6.7.2000 prägnanter aus: „Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird.“

Wie das OLG Naumburg andeutet, gibt es bei den Überwachungspflichten eine Zumutbarkeitsgrenze. Vom Architekten wird keine permanente Anwesenheit auf der Baustelle verlangt. Was er zu leisten hat, verdeutlicht Folgendes:

„Der bauüberwachende Architekt ist bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet“ (OLG Celle, Urteil vom 20.3.2002, Az. 7 U 45/01).

„Im Rahmen der Bauüberwachung hat der Architekt die Arbeiten gezielt zu überwachen und zu koordinieren, um zu erreichen, dass das Bauwerk frei von Mängeln und wie geplant durchgeführt wird.

Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Er muss sein Augenmerk vor allem auf schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten richten; typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte müssen besonders beobachtet und überprüft werden. Sind Details der Bauausführung besonders gefahrenträchtig, müssen diese u. U. vom Architekten im Einzelnen geplant und dem ausführenden Unternehmer in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlicht werden.

Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen und einfachen Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Unternehmer vorausgesetzt werden kann, sind im Zweifel nicht von Architekten zu überwachen; insofern darf er sich zu einem gewissen Grade auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen“ (Saarländisches OLG, Urteil vom 24.6.2003, Az. 7 U 930/01).

Die Abgrenzung zwischen handwerklichen Selbstverständlichkeiten und Arbeiten mit einem erhöhten Mängelrisiko
gestaltet sich im Einzelfall natürlich schwierig. Als Orientierungshilfe sollen daher die folgenden Urteile dienen:

„Bei Abdichtungs- und Isolierarbeiten besteht eine gesteigerte Verpflichtung der Bauaufsicht zu erhöhter Aufmerksamkeit, da erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko vorliegt. Ergeben sich darüber hinaus im Verlaufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel, ist die Objekt­überwachungspflicht des Architekten weiter verschärft“ (LG Berlin, Urteil vom 9.12.2000, Az. 5 O 529/02).

„Der mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt hat gesteigerte Überwachungspflichten im Bereich der Trittschalldämmung und des Brandschutzes. Der mit der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI beauftragte Architekt hat im Rahmen seiner Objektüberwachungspflicht in der Regel das eingebaute Dämmmaterial durch Prüfung und Kontrolle vor Ort auf Übereinstimmung mit den Anforderungen an den Brandschutz nach örtlichen Bauvorschriften und dem Leistungsverzeichnis zu untersuchen.“ (Kammergericht Berlin, Urteil vom 6.1.2005, Az. 27 U 267/03).

„Abdichtungsbereiche gegen Feuchtigkeit bedürfen einer besonderen Beobachtung und Überprüfung, da dies eine ­typische Gefahrenquelle und ein kritischer Bauabschnitt ist“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.4.2005, Az. 23 U 157/04).

„Der planende und bauleitende Architekt hat die Lage einer Ringdrainage und die Ausführung einer Bitumendickbeschichtung besonders sorgfältig zu prüfen und zu überwachen. Sind beide falsch ausgeführt, muss daraus auf eine unzureichende Überwachung durch den Architekten geschlossen werden“ (OLG Hamm, Urteil vom 13.11.2001, Az. 21 U 194/00).

„Die Anbringung einer abgehängten Decke muss vom objekt­überwachenden Architekten kontrolliert werden. Kommt es aufgrund einer fehlerhaften Verankerung zu einem Deckeneinsturz, ist nach dem ersten Anschein der Beweis dafür geführt, dass der Architekt seiner Überwachungspflicht nicht nachgekommen ist“ (LG Krefeld, Urteil vom 4.12.2003, Az. 5 O 206/99).

„Estrichlegearbeiten gehören zu den gefahrenträchtigen Schlüsselgewerken, die der mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt besonders sorgfältig überwachen muss.“ (OLG Nürnberg, Urteil vom 12.5.2004, Az. 4 U 2439/99)

„Außenputzarbeiten auf Porenbeton stellen keine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar und müssen daher vom bauüberwachenden Architekten zumindest stichprobenartig kontrolliert werden“ (OLG Brandenburg, Urteil vom 1.2.2007, Az. 12 U 138/06).

Demgegenüber werden folgende Gewerke im Regelfall als handwerkliche Selbstverständlichkeiten
eingestuft:

  • Malerarbeiten
  • Verlegen von Fußböden oder Platten
  • Auftragen des Innenputzes
  • einfache Erdarbeiten
  • Fassadenanstricharbeiten
  • übliche Holzarbeiten

Aus jüngerer Zeit liegt hierzu zudem folgende Entscheidung vor: „Die handwerkliche Ausführung eines nachträglich hergestellten Bodeneinlaufes und/oder einer Rohrdurchführung durch die Bodenplatte oder erdberührende Teile der Außenwand stellt eine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar, die der Architekt, wenn nicht mit drückendem Wasser zu rechnen ist, grundsätzlich nicht besonders überwachen muss“ (OLG Köln, Urteil vom 19.11.2005, Az. 11 U 170/03).

Es ist allerdings zu beachten, dass die Überwachungspflichten nicht trennscharf nach Gewerken formuliert werden können und die oben genannten Entscheidungen nur eine Orientierungshilfe darstellen. Die Überwachungspflichten sind jeweils an der konkreten Situation vor Ort und den Eigenarten des Bauvorhabens auszurichten.

Insbesondere bei Sanierungsarbeiten werden erhöhte Anforderungen an den bauleitenden Architekten gestellt. Hierzu führt das OLG Rostock in einem Urteil vom 11.7.2006 (Az. 4 U 128/04) aus: „Ein beauftragter Architekt, der Sanierungsarbeiten an einem Altbau durchführen lässt, ohne die Bausubstanz zuvor auf einen Schwammbefall zu überprüfen, ist dem Bauherrn zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Der Architekt hat bei einer Altbausanierung seine regelmäßige Bauaufsichts- und Überwachungspflicht an den Besonderheiten dieser Arbeiten zu orientieren. Eine stichprobenartige Überprüfung durch den Subunternehmer reicht nicht aus, der Architekt muss sich selbst ein Bild vom Zustand der Bausubstanz verschaffen.“

Wie bereits oben ausgeführt, wird eine verstärkte Überwachungspflicht insbesondere dort gefordert, wo schon Mängel konkret aufgetreten sind. Daher sieht die Rechtsprechung auch für die Überwachung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen eine gesteigerte Prüfungspflicht vor. Hierzu urteilt das OLG Dresden (Urteil vom 2.5.2002, Az. 9 U 2995/01) wie folgt: „Der Bauaufsicht führende Architekt hat grundsätzlich selbst und konkret die Beseitigung der jeweils festgestellten Mängel zu überwachen. Dies gilt auch bei Mängeln an handwerklich selbstverständlichen Arbeiten. Auf Fertigstellungsmeldungen der Handwerker darf er sich nicht verlassen.“

Der Architekt sollte zudem nicht vergessen, dass es zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8 gehört, die Ausführung von Tragwerken auf die Übereinstimmung mit dem Standsicherheitsnachweis zu überwachen. Dazu folgende Entscheidung: „Der mit der Leistungsphase 8 des § 15
HOAI beauftragte Architekt ist verpflichtet, bei einer vorgehängten Natursteinfassade zumindest stichprobenartig die Vorgaben der Statik hinsichtlich ihrer Verankerung sowie die Haltbarkeit und Kraftschlüssigkeit der eingebauten Gerüstanker zu überprüfen“ (Kammergericht Berlin, Urteil vom 6.1.2005, Az. 27 U 267/03).

Der Architekt hat in der Leistungsphase 8 auch darauf zu achten, dass niemand auf der Baustelle zu Schaden kommt (sogenannte Verkehrssicherungspflichten). Hierzu verdeutlicht der BGH (Urteil vom 13.3.2007, Az. VI ZR 178/05): „Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt kann wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haften.“

Die Verkehrssicherungspflicht besteht gegenüber Außenstehenden genauso wie gegenüber dem Auftraggeber. Hierzu äußert sich das OLG Celle (Urteil vom 12.7.2007, Az. 7 U 174/06) sinngemäß: „Dem Architekten obliegt auch gegenüber Dritten die deliktische Verkehrssicherungspflicht, etwaigen Gefahren, die von dem Bauwerk für Gesundheit und Eigentum ausgehen, vorzubeugen und sie gegebenenfalls abzuwehren. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass dem Architekten diese Pflicht auch gegenüber dem eigenen Auftraggeber obliegt. Er muss insbesondere während der geleiteten und von ihm überwachten Bauphase dafür Sorge tragen, dass das Bauwerk keinen Schaden nimmt.“

Zudem muss der Architekt das Geschehen rund um das Bauvorhaben in einem Bautagebuch dokumentieren. Das Bautagebuch wird nicht nur zu internen Dokumentationsinteressen des Architekten, sondern auch im Interesse des Bauherrn geführt. Daher hat das OLG Celle in einem Urteil vom 11.10.2005 (Az. 14 U 68/04) entschieden, dass dem Architekten, der kein Bautagebuch führt, die Vergütung für die Leistungsphase 8 um 0,5 Prozent zu kürzen ist.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Pflichten des Architekten nicht stets von einer vertraglichen Vereinbarung abhängen. Auch aus Gefälligkeit erbrachte Überwachungsleistungen muss der Architekt ordnungsgemäß erbringen. Dazu das OLG Celle (Urteil vom 19.6.2001, Az. 16 U 260/00): „Auch wenn sich ein Architekt ausschließlich aus freundschaftlichen Erwägungen zur Überwachung eines Bauvorhabens bereitgefunden hat, haftet er angesichts der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Bauüberwachung wie ein vertraglich mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt.“

2. Verhältnis zu den anderen Baubeteiligten

An einem Bauvorhaben sind viele Personen beteiligt. Neben dem Architekten sind die Fachplaner und ausführenden Unternehmen zu nennen. Das Vorhandensein und besonders die Qualifikation dieser Personen berühren durchaus die Pflichten des Architekten in der Leistungsphase 8. Im Verhältnis zu den Sonderfachleuten gilt Folgendes:

„Auch das grundsätzlich berechtigte Vertrauen in die Kompetenz eines Spezialisten enthebt den bauleitenden Architekten – zumal bei ungewöhnlichen oder erkennbar schwierigen Ausführungen – nicht von der Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Kontrolle im Rahmen einer Bauüberwachung; soweit Pläne Dritter zur Ausführung gelangen, darf ein Architekt diese nicht kritiklos übernehmen, soweit ihm Kritik möglich und zumutbar ist“ (Saarländisches OLG, Urteil vom 24.6.200, Az. 7 U 930/01).

„Der Architekt muss dem Sonderfachmann diejenigen Angaben machen, die dieser für seine Leistungserbringung benötigt. Der Architekt muss die Einhaltung dieser Vorgaben überwachen“ (OLG München, Urteil vom 27.10.2004, Az. 25 U 862/03)

„Der mit der Leistungsphase 8 des §15 HOAI beauftragte Architekt muss im Rahmen seiner Objektüberwachungspflicht Widersprüche zwischen Statik und Bewehrungsplänen erkennen und durch Nachfrage beim Statiker aufklären“ (OLG Schleswig, Urteil vom 11.4.2006, Az. 3 U 78/03).

„Architekt und Statiker haften jeweils gesamtschuld­nerisch für das Fehlen notwendiger Dehnfugen (Gleitfugen)“ (Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.12.2005, Az. 6 U 140/01).

Der BGH (Urteil vom 6.7.2000, Az. VII ZR 82/98) sieht beim Architekten eine erhöhte Aufmerksamkeitspflicht in der Bauüberwachung, wenn das Bauwerk nicht nach einer eigenen Planung, sondern nach Vorgaben eines Dritten ausgeführt wird.

Die eigenen Leistungspflichten des Architekten werden auch dann nicht reduziert, wenn eine weitere Person mit der Objektüberwachung betraut wird. Hierzu folgende Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 13.1.2004: „Selbst wenn neben dem Architekten auch ein vom Bauherrn beauftragter Generalunternehmer die umfassende Objekt­überwachung schuldet, führt dies nicht zum Wegfall der Überwachungspflichten des Architekten oder zu einer Verkürzung des Leistungsumfangs des Architektenvertrags.“

Im Verhältnis zu den Handwerksunternehmen ist folgende Entscheidung zu beachten: „Hat der bauüberwachende Architekt das Handwerksunternehmen, dessen Arbeiten überwacht werden sollen, nicht selbst ausgewählt und vermag er dessen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht einzuschätzen, führt dies zu einer Steigerung der Überwachungspflichten, und zwar vor allem zu Beginn der Arbeiten“ (OLG Naumburg, Urteil vom 29.5.2006, Az. 1 U 27/06).

Andererseits dürfen sich die Unternehmer auch nicht ausschließlich auf den Architekten verlassen. Insofern verdeutlicht das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 29.4.2005 (Az. 23 U 157/04): „Auch wenn der Bauherr von einer fachkundigen Person beraten wird, wird der ­Unternehmer von seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nicht entbunden.“

Ebenso verdeutlicht das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 13.2.2006 (Az. 5 U 136/05) die Eigenverantwortung der Bauunternehmer: „Der Bauunternehmer haftet für von ihm verursachte Ausführungsmängel im Innenverhältnis grundsätzlich allein. Ausnahmsweise kommt eine Mithaftung des überwachenden Architekten in Betracht, wenn es sich um besonders schwerwiegende Aufsichtsfehler oder um besonders fehlerträchtige Bauabschnitte handelt.“

Erfordert eine Bauaufgabe vertiefte Spezialkenntnisse, die der Architekt nicht besitzt, so muss er diesen Umstand seinem Auftraggeber anzeigen. Dazu formuliert das Saarländische OLG (Urteil vom 24.6.2003, Az. 7 U 930/01): „Der Architekt hat die Verpflichtung, den Auftraggeber aufzuklären, wenn ihm selbst die Spezialkenntnisse für die gewünschte Bauaufgabe fehlen oder wenn es gesicherte Erkenntnisse für die vorgeschlagene Planung und Ausführung nicht gibt. Denn nur dann kann der Auftraggeber frei entscheiden, ob er den Architekten gleichwohl mit der Bauaufgabe betrauen oder ob er nicht – gegebenenfalls zusätzlich – einen Spezialisten beauftragen will.“

3. Beweislast

Bis zur Abnahme der Architektenleistung durch den Auftraggeber hat im Streitfall der Architekt darzulegen und zu beweisen, dass er seine Leistung ordnungsgemäß erbracht hat. Nach der Abnahme der Architektenleistung dreht sich die Beweislast um. Dann hat der Auftraggeber den Mangel in der Bauüberwachung im Streitfall zu beweisen.

Allerdings lässt die Rechtsprechung gerade innerhalb der Leistungsphase 8 Beweiserleichterungen zulasten der Architekten zu. Der BGH hat in einem Urteil vom 16.5.2002 (Az. VII ZR 81/00) ausgeführt: „Der Nachweis der Verletzung der Bauaufsichtspflicht eines Architekten kann durch einen Anscheinsbeweis erleichtert sein.“

Das OLG Saarbrücken hat dieses mit Urteil vom 11.12.2006 konkretisiert und verdeutlicht: „Grobe Mängel bei kritischen Arbeiten begründen den Anschein einer Pflichtverletzung des bauüberwachenden Architekten.“

Besteht ein solcher Anscheinsbeweis, kann dieser nicht bereits dadurch erschüttert werden, dass der Architekt pauschal vorträgt, die Baustelle sei regelmäßig kontrolliert worden und bei der Ausführung von wichtigen Arbeiten sei er ständig anwesend gewesen (LG Krefeld, Urteil vom 4.12.2003, Az. 5 O 206/99). Hier muss der Architekt substanziiert darlegen, dass er seiner Leistungspflicht genügt hat.

Eine Haftungsentlastung kann der Architekt aber auch erreichen, indem er sich gegebenenfalls auf die mangelnde Ursächlichkeit seines Überwachungsfehlers für einen bestimmten Schaden beruft. Einen derartigen Fall behandelte das OLG Rostock in einem Urteil vom 27.9.2005 (Az. 4 U 82/03). Das OLG führt aus: „Der Bauaufsicht führende Architekt kann sich grundsätzlich damit entlasten, dass bestimmte Schäden auch bei ordnungsgemäßer Bauaufsicht entstanden wären (sogenanntes rechtmäßiges Alternativverhalten).“

Fazit

Wie anhand der Rechtsprechung aufgezeigt wurde, sind die Pflichten des Architekten innerhalb der Leistungsphase 8 sehr umfangreich. Der Architekt sollte daher seine Pflichten im Rahmen der Bauüberwachung ernst nehmen – nicht zuletzt aus Haftungsgründen. Andererseits zeigt die Rechtsprechung auch, dass der Architekt sich nicht permanent auf der Baustelle befinden muss. Die Überwachung handwerklicher Selbstverständlichkeiten ist nur eingeschränkt notwendig. Die Schwierigkeit liegt in der Abschätzung im Einzelfall. Im Zweifelsfall sollte der Architekt lieber einmal mehr als zu wenig auf der Baustelle erscheinen und vor allem seine Tätigkeiten dokumentieren, um sich gegebenenfalls entlasten zu können.

Markus Prause ist Rechtsanwalt in Hannover.


Mehr Arbeit – mehr Geld

Soll ein Architekt die Genehmigungsplanung wiederholen, kann er zusätzliches Honorar verlangen – oder dem Bauherrn kündigen

Der Architekt ist nicht verpflichtet, ohne Zusatzhonorar eine neue Genehmigungsplanung als wiederholte Grundleistung des § 15 HOAI zu erstellen. Weigert sich der Auftraggeber, ­diese Doppelleistung zu honorieren, ist der Architekt berechtigt, nach Fristsetzung den Architektenvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen.

Die unterlassene Mitwirkung

des Auftraggebers im Architektenvertrag stellt einen wichtigen Grund zur Kündigung und eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung dar. Der Schaden besteht in der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen entsprechend § 649 Satz 2 BGB (OLG München vom 27.2.2007, Az.: 9 U 3566/06).

Der Architekt hatte vertragsgemäß Leistungen von der Genehmigungsplanung bis zur Ausführungsplanung einer Baumaßnahme erbracht. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Honorierung forderte der Bauherr ihn auf, abweichend von der ursprünglichen Vereinbarung eine neue Genehmigungsplanung zu erstellen. Allerdings weigerte sich der Auftraggeber, für diese neue Planung ein Honorar zu ­vereinbaren oder zu zahlen. Er vertrat die Auffassung, der ­Architekt müsse die neue Genehmigungsplanung im Rahmen des noch nicht vollständig erfüllten Architektenvertrages kostenlos erbringen.

Der Architekt forderte den Auftraggeber unter Fristsetzung auf, sich vertraglich zur Zahlung eines zusätzlichen Honorars für die neue Genehmigungsplanung zu verpflichten und kündigte an, dass er nach Fristablauf ansonsten den Architektenvertrag kündigen werde. Nachdem der Auftraggeber weiterhin auf der Vorlage neuer Pläne ohne zusätzliche Vergütung beharrte, kündigte der Architekt den Vertrag und erstellte seine Honorarschlussrechnung unter Einschluss der nicht mehr zu erbringenden Leistungen aus dem ursprünglichen Architektenvertrag.

Das Gericht gab ihm Recht

Mit der Aufforderung zur Erbringung einer neuen Genehmigungsplanung, nachdem die erste Genehmigungsplanung bereits vertragsgerecht erbracht worden war, wurden nach Auffassung des Gerichtes die Grundleistungen der Leistungsphase 4 erneut verlangt. Für eine ­solche wiederholt erbrachte Grundleistung nach geänderten, neuen Anforderungen ist aber ein zusätzliches Honorar fällig, soweit die erste Planung bereits vertragsgerecht war.

Der Architekt konnte daher unter Fristsetzung eine entsprechende verbindliche Honorarzusage einfordern und zugleich die Kündigung androhen, wenn die Bauherren zusätzliche ­Honorarzahlungen verweigerten. Nachdem der Auftraggeber insofern seine Mitwirkung an der rechtlichen Klärung des ­Auftragsverhältnisses unterlassen hatte, konnte der Architekt den Vertrag seinerseits kündigen. Für die nach der Kündigung nicht mehr zu erbringenden Leistungen hat das Gericht dem Architekten als Schadensersatz die ursprünglich vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zugesprochen. Dieser Schadensersatzanspruch entspricht der Höhe nach dem Anspruch auf Restvergütung wegen (freier) Kündigung durch den Auftraggeber im Sinne des § 649 Satz 2 BGB.

Alexandra Seemüller ist Rechtsanwältin in München.

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