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Zurück Recht: Kollegen-Fehler

Weniger Haftung bei Kollegen-Fehlern

Die Haftung eines Landschaftsarchitekten kann sich minimieren, wenn der Bauherr ihm falsche Pläne eines anderen Architekten gegeben hat.

30.09.20164 Min. Kommentar schreiben

Text: Markus Prause

Wer als Architekt einen Mangel verursacht, muss im Grundsatz voll für die Schadensbeseitigung aufkommen. Allerdings muss er weniger zahlen, wenn er dem geschädigten Bauherrn eine Mitverantwortung an dem Schaden zur Last legen kann. Der Mitverschuldensanteil des Bauherrn kann in einem von ihm selbst gemachten Fehler liegen, oder er kann von einem sogenannten Erfüllungsgehilfen des Bauherrn verursacht sein – etwa einem anderen Architekten.

Einen solchen Fall hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Ein Architekt war mit den Leistungsphasen 1 bis 9 der Gebäudeplanung zum Neubau einer Grundschule beauftragt. Eine Landschaftsarchitektin hatte den Auftrag zur Planung und Überwachung des Baus der Freianlagen. Zwei Jahre nach Bezug des Objektes wurde in verschiedenen Räumen Schimmelbildung festgestellt. Ursache war, dass die Betonsohle des Gebäudes etwa sieben Zentimeter unter der umgebenden Geländeoberfläche lag und eine wirksame Sickerschicht fehlte. Zur Schadensbeseitigung musste der gesamte Estrichbelag ausgetauscht, die Sohlplatte neu abgedichtet und im Außenbereich eine Ringdrainage angelegt werden. Der Bauherr verklagte den Architekten und die Landschaftsarchitektin als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe der kompletten Mangelbeseitigungskosten.

Der BGH kommt in seinem Urteil vom 14.7.2016 (Az. VII ZR 193/14) zu dem Ergebnis, dass die Landschaftsarchitektin berechtigt sei, die Schadensersatzforderung um den Mitverschuldensanteil des Architekten zu kürzen. Zwar seien dem Grunde nach beide zum vollen Schadensersatz verpflichtet. Dem Architekten seien hinsichtlich des Geländeanschlusses an das Gebäude sowohl ein Planungs- als auch ein Bauüberwachungsfehler vorzuwerfen. Die Landschaftsarchitektin hingegen habe die falsche Planung des Architekten übernommen und keine Bedenken angemeldet. Da der Fehler für sie erkennbar gewesen sei, hätte sie die Planung nicht ungeprüft übernehmen dürfen.

Sie könne aber erwarten, dass die ihr zur Verfügung gestellten Pläne und Unterlagen des mit der Objektplanung beauftragten Architekten zutreffende Angaben enthalten. Dem Bauherrn obliege es, der Landschaftsarchitektin mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Bedient sich der Bauherr zur Erfüllung dieser Pflicht eines Architekten, so muss sich der Bauherr dessen Fehlverhalten zurechnen lassen. Der Architekt sei also Erfüllungsgehilfe des Bauherrn im Verhältnis zur Landschaftsarchitektin. Der BGH stellt weiterhin klar, dass eine Reduzierung des Schadensersatzes nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil die Landschaftsarchitektin ihrer Pflicht zur Prüfung der überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche nicht hinreichend nachgekommen ist. Im Ergebnis muss der Architekt maximal für den vollen Schaden haften, wohingegen die Landschaftsarchitektin höchstens nur ihren eigenen Verschuldensanteil zu leisten hat.

Allerdings weist der BGH darauf hin, dass die Landschaftsarchitektin ebenfalls vollumfänglich hätte haften müssen, wenn sie – unabhängig von den Plänen des Architekten – selbst zur Erstellung der hier relevanten Planung zur Gebäudeanschlusshöhe verpflichtet gewesen wäre.

Andere Erfüllungsgehilfen

Im Urteil hat sich der BGH erstmals mit der Frage der sogenannten Erfüllungsgehilfenschaft in einer Konstellation Architekt – Landschaftsarchitekt befasst. Er hat dabei seine bisherige Rechtsprechung zum Thema „Erfüllungsgehilfe“ konsequent fortgesetzt. Insbesondere zu folgenden Konstellationen liegt eine gefestigte Rechtsprechung vor:
• Der planende Architekt ist als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn im Verhältnis zum bauüberwachenden Architekten anzusehen (BGH, Urteil vom 27.11.2008 – Az. VII ZR 206/06). Der planende Architekt haftet also voll, während der Bauüberwacher den Schadensersatz um den Mitverschuldensanteil des Planers reduzieren darf.
• Ebenso ist der planende Architekt im Verhältnis zum Tragwerksplaner als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn anzusehen. Der Statiker darf folglich das Mitverschulden des Planers beim Zuliefern fehlerhafter Pläne in Abzug bringen (BGH, Urteil vom 15.05.2013 – Az. VII ZR 257/11).
• Der planende Architekt gilt auch als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn gegenüber den bauausführenden Unternehmern (OLG Celle, Urteil vom 06.03.2014 – Az. 5 U 40/13). Gleiches gilt, wenn der Planer für die Ausführung der Arbeiten notwendige Pläne überhaupt nicht fertigt oder notwendige Anweisungen unterlässt. Die Unternehmer können sich dann um den Mitverschuldensanteil des Planers entlasten.

Im Ergebnis kann es sich für die Fachplaner oder den bauüberwachenden Architekten lohnen, der Frage nachzugehen, ob nicht der planende Architekt einen Schaden mitverursacht hat.
Ein planender Architekt kann sich dagegen in vielen weiteren Fällen nicht auf Fehler eines Dritten berufen. Nach der Rechtsprechung schuldet der Bauherr dem planenden Architekten in der Regel keine ordnungsgemäßen Pläne der Fachplaner. Auch der bauüberwachende Architekt soll sich nicht durch einen Fehler der ausführenden Unternehmer entlasten können. In beiden Fällen haftet der Architekt nicht nur für seinen Anteil, sondern zu 100 Prozent.

Markus Prause ist Justiziar der Architektenkammer Niedersachsen

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