Von Axel Plankemann
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch der Bauherr das Risiko und die Mitverantwortung an einer baurechtswidrigen Baumaßnahme trägt (Urteil vom 10.02.2011 – VII ZR 8/10). Ein Bauherr hatte gewusst, dass er mit seinem Projekt deutlich den Grenzabstand zum Nachbargrundstück unterschreiten würde. Das Projekt wurde zunächst genehmigt, der Nachbar hatte zuvor zugestimmt. Doch gebaut wurde acht Jahre lang nichts. Nun griff der Bauherr das Projekt erneut auf. Ein Gespräch mit ihm und dem Architekten beim Bauordnungsamt ergab, dass der Nachbar wohl erneut zustimmen müsse. Der Architekt protokollierte das nach dem Gespräch, korrigierte aber später auf Wunsch des Bauherrn diesen Text.
Darüber hinaus plante der Bauherr nun, den Anbau zusätzlich in den Grenzabstand hinein zu erweitern. Zudem sollte der bisher mit einem Geschoss geplante Anbau nun zwei erhalten. Der Bauherr baute, der Nachbar klagte und erreichte zunächst die Stilllegung der Baustelle und schließlich den Abriss. Anschließend wollte der gescheiterte Bauherr den Architekten für den Schaden haftbar machen. Doch der Bundesgerichtshof entschied, dass dieses Risiko und die Mitverantwortung bei ihm selbst liegen.
Wer die Rechtslage kennt, trägt auch Verantwortung
Grundsätzlich übernimmt dieses Risiko zwar der Architekt. Er schuldet seinem Auftraggeber eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Der Architekt als Fachmann muss beurteilen können, ob seine Planungen dem öffentlichen Baurecht entsprechen. Ist eine Baumaßnahme planungs- oder bauordnungsrechtlich problematisch, so muss der Architekt seinen Bauherrn auf die Risiken hinweisen. Verlangt der Bauherr gleichwohl eine verbindliche Klärung, etwa im Rahmen einer Bauvoranfrage, so löst die Ablehnung einer solchen Bauvoranfrage nicht ohne Weiteres einen Gewährleistungs- oder Haftungsanspruch des Bauherrn aus. Entscheidend ist also, welcher „Erfolg“ vom Architekten im konkreten Architektenvertrag vereinbart wird.
Allerdings handelt es sich bei der Entscheidung des BGH um einen besonderen Sachverhalt und eine besondere Fallgestaltung. Trotzdem ist die Entscheidung für vergleichbare Konstellationen, in denen ein Bauherr sich der Erkenntnis baurechtswidriger Ausführung einer Baumaßnahme verschließt, für Architekten hilfreich. Auch wenn möglicherweise dem Bauherrn nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen war, dass er sich bewusst und vorsätzlich über geltendes Recht hinweggesetzt hatte, so gab es bereits im Vorfeld der Baumaßnahme und auch bei deren Weiterentwicklung deutliche Anzeichen für Baurechts-Verstöße, die auch ein baurechtlicher Laie hätte erkennen können und müssen. Zudem hätte sich der Bauherr im Zweifelsfall auf sehr einfache Weise baurechtliche Klarheit verschaffen können.
Grobe Fahrlässigkeit beim Bauherrn
Der BGH stellte fest, dass der Kläger bei dieser Konstellation nicht davon ausgehen durfte, er könne seine Baumaßnahme rechtskonform umsetzen. Auch wenn der Architekt sich letztlich bereitgefunden habe, die Planungen zu überarbeiten und die Baumaßnahme zu begleiten, hätte der Bauherr erkennen können und müssen, dass die von ihm veranlasste neue Anbaumaßnahme baurechtswidrig und angreifbar war. Deshalb habe er zumindest gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit verstoßen, sich selbst vor Schaden zu bewahren. Zwar führt der BGH aus, eine bloß fahrlässige Mitverursachung des Bauherrn könne möglicherweise zu einer anderen Bewertung führen. Im vorliegenden Fall sei aber jedenfalls von einer groben Fahrlässigkeit des Bauherrn auszugehen, sodass sein Mitverschulden erheblich sei. Wie die Haftungsanteile von Bauherrn und Architekt zueinander zu gewichten sind, muss nun die Vorinstanz entscheiden, an die der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde.
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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