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[ Stuttgart 2o lehrt: Vom Auto lernen heißt siegen lernen ]

Lok-Führers Wunderwaffe


Von Roland Stimpel

Bevor Stuttgarts totaler Bahnkrieg mit Endsieg oder Untergang im Lokführerbunker endet, wollen wir an ein Verkehrsprojekt erinnern, das viel größer, viel teurer und viel radikaler war – aber doch ziemlich glatt durchging: Stuttgart 20. Ohne begleitenden Volksaufstand hat es den Schlossgarten quer und längs zersäbelt, hat Bahnfahrer in den Untergrund gedrängt und öffentliche Verkehrsmittel dauerbehindert. Doch Stuttgart 20, der autogerechte Stadtumbau des vorigen Jahrhunderts, wird gelebt und gehegt. Auch wenn er dauernd durch den Stoßzeit-Stresstest fällt.
Stuttgart 20 trennt den Stadtkern so rigide von der Kulturmeile wie einst die Berliner Mauer den Osten vom Kapitalismus. Es hat Totpunkte wie die Rennstreckenkreiselparkplatzkreuzung namens Österreichischer Platz geschaffen. Und ohne dass Klagen kämen, treibt es seit Jahrzehnten die Bahnfahrer unter die ­Erde: Wer vom Zug zur zentralen Königstraße will, darf nicht zu ebener Erde gehen, sondern muss durch eine Gruft namens Klett-Passage. Ein direkter Fußweg kommt nicht infrage, denn der würde „den Verkehr“ aufhalten. Es reicht ja, von der City aus oben auf dem Bahnhofsturm das rotierende Siegessymbol für Stuttgart 20 zu sehen, einen schicken Mercedesstern.
Stuttgart ist Autostadt mit Daimler, Porsche und Bosch, hier wurde es schließlich erfunden, nur hier wird das heilig’s Blechle gleich in zwei zeitgeistigen Museumstempeln angebetet. Auch Winfried Kretschmann musste vor ihm auf die Knie fallen. Dagegen sind Züge fürs Spottlied gut: Auf de schwäb’sche Eisebahne könne Kuh und Ochse fahre. Erst neulich erklärte eine lokale Architektin, warum sie nie die S-Bahn vor der Haustür nutze: „Des is net unsr Leifschteil.“ Klar also, dass man für Straßen Multimilliarden ausgibt – aber doch nicht für die Bahn! Die jedoch kann ihre Gegner schwäbisch austricksen. Sie behauptet einfach, sie baue eine Tiefgarage mit acht Reihen Stellplätzen und einen Straßentunnel nach Ulm. Das erfreut Schwabens Mehrheit; die Bahnfreunde retten Bonatz’ Kopf und sind still. Aber wenn die Bahn fertig gebaut hat, legt sie in den Tunnel ihre Schienen.

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