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[ Recht ]

Die Matrix als Black Box

Ein öffentlicher Bauherr dachte sich für eine Auftragsvergabe detaillierte Regeln aus, teilte sie aber den Bewerbern nicht vollständig mit. Das verstößt gegen das Vergaberecht

Text: Axel Plankemann

Die Vergabekammer Nordbayern untersuchte ein Vergabeverfahren von Architektenleistungen für den Neubau eines universitären Büro- und Seminargebäudes. In ihrem Beschluss vom 24.05.2013 (21.VK – 3194 – 17/13) stellte sie eine Vielzahl von Vergabeverstößen fest: Sie betrafen insbesondere die nur teilweise angekündigten Auswahlkriterien und die nachfolgend von diesen Kriterien abweichende Auswahlentscheidung.

So hatte die Vergabestelle in der Auswahlentscheidung eine detaillierte Bewertungsmatrix verwendet, mit der sie die Angebote als Grundlage für ihre Auswahl-Entscheidung bewertete. Die Gewichtung (Punkteverteilung) hinsichtlich einzelner Unterkriterien gab sie aber den Teilnehmern nicht im Vorfeld bekannt, sondern erst nach Ende der Einrichtungsfrist.

Die Gewichtung muss klar sein

Das führte zur Verletzung des Transparenzgrundsatzes (§ 97 Abs. 1 GWB): Der Auftraggeber muss im Rahmen einer Vergabevorbereitung festlegen und in der Vergabebekanntmachung angeben (§ 10 Abs. 2 VOF), welchen Eignungskriterien im Hinblick auf die Bewer-berauswahl er eine besondere Bedeutung beimessen will. Festlegen und angeben muss er ebenfalls, nach welchen konkreten Umständen er beurteilen will, ob ein Bewerber im Verhältnis zu seinen Mitbewerbern mehr oder weniger geeignet erscheint. Dies ist erforderlich, damit sich alle Bewerber in gleicher Weise darauf einstellen können und Gelegenheit erhalten, in ihrer Bewerbung aussagekräftige und wertungsfähige Angaben zum Nachweis ihrer Eignung zu machen. Im vorliegenden Fall hatte die Vergabestelle in der Bewertungsmatrix den Bewerbern zwar verschiedene Eignungskriterien bekannt gegeben, die Gewichtung einzelner Unterkriterien aber teilweise nicht veröffentlicht. Dabei ging es um die Benennung vergleichbarer Leistungen, Baumaßnahmen im laufenden Betrieb und Erfahrung mit Gebäuden vergleichbarer Nutzung. Hierin liegt nach Auffassung der Vergabekammer ein Verstoß gegen das Transparenzgebot begründet.

Zwar habe die Vergabestelle im VOF-Verfahren einen weiten Beurteilungsspielraum für die Auswahlentscheidung. Entscheidet sie sich jedoch für eine bis ins Detail untergliederte Bewertungsmatrix, so enge sie sich selbst diesen Beurteilungsspielraum ein. Hat der öffentliche Auftraggeber Regeln für die Gewichtung von Auswahlkriterien aufgestellt, so ist er aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bewerber und der Transparenz des Vergabeverfahrens verpflichtet, in der Vergabebekanntmachung nicht nur die Kriterien als solche, sondern auch die bei der Auswahl vorgesehene Gewichtung der Kriterien mitzuteilen. Eine für die Bewerberauswahl von der Vergabestelle aufgestellte Bewertungsmatrix ist also vollständig und so rechtzeitig offenzulegen, dass die einzelnen Bewerber sie bei Abfassung ihrer Bewerbungen berücksichtigen können.

Neu gewichten ist nicht erlaubt

Eine solche Bewertungsmatrix, so die Vergabekammer, ist ein in sich geschlossenes Bewertungssystem, welches den Bewerbern gerade durch die Bekanntgabe von Details die konkreten Vorstellungen der Vergabestelle für die Auswahl verdeutlichen soll. An diese detaillierte Vorgabe ist die Vergabestelle nach Eingang der Bewerbungen dann auch gebunden. Insbesondere darf sie keine neuen Aspekte oder unbekannte Gewichtungen zugrunde legen.

Im Übrigen hatte die Vergabestelle in der Auswahlentscheidung auch Kriterien bewertet, die sie zuvor gar nicht bekannt gemacht hatte. Dies überschreitet den Beurteilungsspielraum einer Vergabestelle. Eine Überschreitung liegt regelmäßig vor, wenn das vorgegebene Verfahren nicht eingehalten wurde, wenn die Vergabestelle von einem unzutreffenden oder nicht vollständig ermittelten Sachverhalt ausgeht, wenn bei ihr sachwidrige Erwägungen für die Entscheidung verantwortlich sind oder wenn bei der Entscheidung ein vorgegebener Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt wird. Danach handelt eine Vergabestelle vergabewidrig, wenn sie von den zuvor mitgeteilten Auswahlkriterien abweicht, indem sie einzelne Kriterien nicht berücksichtigt oder vorher nicht bekanntgegebene Kriterien anwendet. Bei Verwendung einer Bewertungsmatrix liegt ein Vergabeverstoß auch vor, wenn die Ver­gabestelle eine Bewertung vornimmt, die in den durch die veröffentlichte Matrix festgelegten Bewertungsmethoden keine Grundlagen findet.

Im Übrigen hat die Vergabestelle im vorliegenden Fall bei ihrer Auswahlentscheidung nicht alle Kriterien gewertet, die sie selbst zuvor bekannt gemacht hatte. Auch damit hat sie ihren Beurteilungsspielraum überschritten. Ein öffentlicher Auftraggeber handelt auch dann fehlerhaft, wenn er zuvor mitgeteilte Auswahlkriterien im Einzelfall gar nicht berücksichtigt.

 

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