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VOF: Verbessern statt verwässern

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Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer.

Europa hat die Richtlinien für die Vergabe öffentlicher Aufträge novelliert. Die Mitgliedstaaten müssen diese nun bis April 2016 in nationales Recht übersetzen. Dies veranlasst die Bundesregierung zur größten Novelle des Vergaberechts seit zehn Jahren. Sie denkt daran, die VOF als eigenständiges Regelwerk abzuschaffen und mit der VOL in einer Vergabeverordnung (VgV) zusammenzufassen. Das klingt für manche Architekten zuerst nach einer guten Nachricht, denn die VOF ist in unseren Kreisen nicht gerade beliebt. Bei näherem Hinsehen finden sich aber gute Gründe, die Beibehaltung eines selbstständigen Regelwerks für Architekten- und Ingenieurleistungen zu fordern. Zugleich sollten wir die Chance der anstehenden Novellierung nutzen, um das Vergaberecht für unsere Leistungen im Interesse auch der Bauherren und der Gesellschaft zu verbessern.

Die Eigenständigkeit der Vergabe für geistig-schöpferische Leistungen trägt der Besonderheit dieser Leistungen Rechnung, erlaubt, deren Vergabe gegenüber exakt vorab beschreibbaren Leistungen klar abzugrenzen, wie zum Beispiel der Vergabe von Reinigungsleistungen, und schafft mehr Transparenz und Rechtssicherheit.

Unser Problem mit der heutigen VOF liegt in ihrer Anwendung und hier vor allem in Bezug auf diesen Zugang zur Verhandlung bzw. zu einem in das Verfahren integrierten Wettbewerb. Dieser Zugang regelt das Vergaberecht über die sogenannten Eignungskriterien. Viele Auftraggeber sind allzu sehr auf Eignungskriterien fixiert, die auf ganz spezifische Erfahrungen und Mindestgrößen der Büros setzen, also quantitativ und eher rückwärtsgewandt sind.

Dabei übersehen die Auftraggeber, dass Qualität und Baukultur keine Frage des Vorjahresumsatzes sind oder der Zahl der Referenzen, die ein Büro für eine bestimmte Bauaufgabe vorlegen kann. Die VOF hat ja eigentlich das Ziel, mehr Chancengleichheit unter allen potenziellen Anbietern zu schaffen. Doch zu eng blickende Auftraggeber verkehren das in das Gegenteil, indem sie viele, und das sind vor allem die jungen und kleinen Büros, gar nicht erst zulassen.

Hiergegen wehren sich auch die Architektenkammern seit Langem. Sie appellieren an Auftraggeber und versuchen, mit guten Beispielen für besseres Handeln zu überzeugen; sie beraten und unterstützen Kollegen, die sich gegen schlechte Vergabesitten zur Wehr setzen. Aber es muss noch mehr geschehen. Wir plädieren dafür, dass Auftraggeber die Hürden zum Zugang so niedrig wie möglich halten und auf qualitative Kriterien setzen oder am besten ganz auf rückwärtsorientierte Zugangshürden verzichten. Stattdessen sollten sie sich bei der Vergabe am Angebot selbst orientieren. Letzteres erlaubt der offene Wettbewerb.

Überhaupt: der Wettbewerb. Im Rahmen der Vergaberechtsnovelle wollen wir nicht nur die VOF aufrechterhalten. Sondern wir wollen auch den Wettbewerb nach RPW als Regelverfahren verankern. Denn nur der Wettbewerb erlaubt den Vergleich – nicht nur der städtebaulich-architektonischen und funktionalen Qualitäten, sondern auch der Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Lösungen. Nur er ermöglicht darum die Vergabe ganz im Sinne des Vergaberechts an denjenigen, der die bestmögliche, sprich: auch die wirtschaftlichste Leistung erwarten lässt. Die Verhandlung mit allen Preisträgern nach Abschluss des Wettbewerbs gibt dem Auftraggeber die Möglichkeit, seine Vergabeentscheidung abzusichern und dient letztlich dem Instrument Wettbewerb – auch wenn das vielen Kollegen ein weiterer Dorn im Auge ist.

Auch künftig werden aber manche Auftragnehmer nicht auf einen ‚Teilnahmewettbewerb‘ im Vorfeld verzichten mögen, der zur Eingrenzung der Verhandlungspartner oder Wettbewerbsteilnehmer dient – aus welchen Erwägungen auch immer. Für diese Fälle bieten wir als Kammern unsere Beratung an – analog zur heutigen Beteiligung bei den Wettbewerbsverfahren, die oft erfolgreich ist, um die wir nur leider manchmal zu spät gebeten werden. Dass eine solche Beratung in das VOF-Verfahren integriert wird, ist für uns ebenfalls ein weiteres wichtiges Ziel der Novellierung.

Es läge also kein Fortschritt darin, die VOF einfach abzuschaffen – und dies wird durch die neuen EU-Richtlinien auch nicht gefordert.

Darüber ist sich auch die Bundesregierung im Klaren. Sie will deshalb in der neuen VgV einen eigenen Abschnitt schaffen, der der bisherigen VOF weitgehend entsprechen soll. Aber: Nach ersten Regierungsentwürfen müssten die Auftraggeber ­diese Regeln nicht wie heute für Planungsleistungen zwingend anwenden. Vielmehr stünden Verhandlungsverfahren gleichberechtigt neben den Verfahren nach der heutigen VOL mit ihren so genannten offenen oder nichtoffenes Verfahren.

Zwar klingt der Begriff „offene Verfahren“ zunächst gut. Im Sinn der bisherigen VOL hat er aber nichts mit dem uns bekannten offenen Wettbewerb zu tun. Sein größter Nachteil ist das grundsätzliche Verbot der Nachver­handlung: Der Bieter hat nur „one shot“ für sein ­Angebot. Und die Frage ist offen, ob sich die Aus­wahlentscheidung des Auftraggebers dann auf das Honorarangebot beschränkt oder ob ein Entwurf dazugehört.

Verlangt der Auftraggeber einen Entwurf, dann müsste er diesen jedem Anbieter bezahlen – das wäre natürlich ein schönes Beschäftigungsprogramm, aber nicht finanzierbar. Beide Alternativen sind nicht praktikabel: Ein Honorarangebot müsste nach der HOAI bei allen inländischen Kollegen nahezu gleich sein, könnte aber von ausländischen unterboten werden.

Bliebe also das „nichtoffene Verfahren“. Das aber setzt wie auch beim uns bekannten nichtoffenen Verhandlungsverfahren oder beim nichtoffenen Wettbewerb den Teilnahmewettbewerb voraus und kombiniert dies mit denselben Nachteilen wie beim „offenen Verfahren“ (one shot). Konsequent zu Ende gedacht, setzt die Anwendung des „offenen“ oder „nichtoffenen Verfahrens“ für die Vergabe der Architekten- und Ingenieurleistungen die Aufhebung unseres Prinzips der Trennung von Planung und Ausführung voraus.

Mein Fazit: Planungsleistungen müssen nach einem besonderen, der geistig-schöpferischen Leistung angemessenen Verfahren vergeben werden; die bisherige VOF sichert uns das im Prinzip trotz einiger Mängel. Diese Mängel gilt es in der neuen VOF zu beheben. Wir wollen die Chance der Novelle nutzen, um verstärkt das vorhandene kreative Potenzial auszuschöpfen: Wettbewerbe sollten zum Regelverfahren werden, sollten stets Priorität haben. Auch die Vorab-Prüfung durch die Kammern sollte zur Regel werden, um beim Zugang Transparenz und Chancengleichheit zu sichern. Bei der Berechnung der Schwellenwerte muss es beim heutigen System der Einzeldisziplinbetrachtung bleiben, dürfen nicht etwa alle Planungsleistungen zusammengerechnet werden. Wenn das alles geschieht, dann bekommen wir am Ende ein besseres Vergaberecht – für den Berufsstand, aber vor allem für unsere Planungs- und Baukultur.

Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer.

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