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[ Recht ]

Kontrolle ist besser

Wer eine Planung von einem anderen Architekten übernimmt, kann für dessen Fehler mithaften. Aber auch der Bauherr trägt Verantwortung.

Foto: Fotolia
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Text: Julian Stahl

Beauftragt ein Bauherr zunächst einen Architekten („Architekt “) mit der Planung und lässt diese dann von einem anderen Architekten („Architekt “) ausschreiben und überwachen, haften beide Architekten bei Fehlern der Planung, die im Rahmen der Ausschreibung und Überwachung (erneut) nicht bemerkt werden. In dieser „Dreiecksbeziehung“ hat das folgende Konsequenz auch für den Bauherrn: Fehlen in der Planung von Architekt 1 zum Beispiel notwendige Angaben zum Brandschutz, muss sich der Bauherr dies gegenüber Architekt 2 als Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er diesen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden (Urteil vom 9. August 2016 – Az.: 9 U 4338/15 Bau). Er hat sich die planerische Leistung von Architekt 1 zu eigen gemacht. Den Mitverschuldensanteil des Bauherrn sah das Gericht bei einem Drittel.

Die Aufgabenverteilung in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ist nicht ungewöhnlich. Kurz gefasst, hatte das OLG München über folgenden Fall zu entscheiden: Architekt 1 war mit Leistungen von der Grundlagenplanung bis zur Ausführungsplanung beauftragt. Architekt 2 hatte unter anderem die Ausschreibung und Objektüberwachung zu erledigen. Beiden fiel nicht auf, dass brandsichere Abschottungen von Leitungen fehlten, die weder geplant noch ausgeschrieben waren und dann nicht ausgeführt wurden.

Einordnung

In rechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung des Gerichts nicht überraschend: Jeder haftet für seine Fehler. Im Ergebnis kann sich der Bauherr also aussuchen, welchen der Planer er zur Zahlung von Schadensersatz auffordert. Auch wenn der Bauherr die Schadenssumme nur einmal erhalten kann, bedeutete das in dem entschiedenen Fall nicht, dass beide Architekten jeweils zu 100 Prozent hafteten. Die Planer werden sich mit folgenden Argumenten verteidigt haben: Architekt 1 hafte nicht, weil sein planerischer Fehler bei einer ordnungsgemäßen Ausschreibung und Ausführung hätte auffallen und korrigiert werden müssen. Architekt 2 hafte nicht, weil er genau die Planung ausgeschrieben habe, die er vom Bauherrn erhielt. Damit hatten beide Architekten weitgehend keinen Erfolg.

Verantwortung von Architekt 1

Verwirklichen sich Planungsfehler im Bauwerk, kann sich der planende Architekt in aller Regel nicht darauf berufen, dass andere Planungs- und Baubeteiligte ebenfalls ihre Verpflichtungen vernachlässigt haben. Diese Konstellationen führen vielmehr dazu, dass der Bauherr weitere Anspruchsgegner „gewinnt“. Der planende Architekt haftet dementsprechend weiter zu 100 Prozent. Nur in Ausnahmefällen ist ein anderes Ergebnis möglich, wenn etwa der Bauunternehmer eine von der fehlerhaften Planung abweichende Ausführung wählt, die ebenfalls mangelhaft ist. Sind Planungsbeiträge von Fachplanern fehlerhaft, deren Mangelhaftigkeit der planende Architekt nicht erkennen konnte, gelten die folgenden Ausführungen entsprechend. Solange seine Planung für den Mangel ursächlich bleibt, ist der planende Architekt verantwortlich.

Verantwortung des Bauherrn

Der Bauherr ist verpflichtet, dem ausschreibenden Architekten (und allen anderen Baubeteiligten) mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Dies ist eine zentrale Aufgabe des Bauherrn, ohne die das Bauvorhaben nicht durchgeführt werden kann. Verletzt er diese, ist er im Schadensfall mitverantwortlich. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bauherr die Fehler erkennen konnte. Die Kompetenz hat er an den planenden Architekten 1 delegiert. Dieser nimmt für den Bauherrn die Aufgabe wahr, dem ausschreibenden und bauüberwachenden Architekten 2 mangelfreie Pläne zu übergeben. Er ist damit „Erfüllungsgehilfe“ des Bauherrn und schuldet diesem seinerseits eine mangelfreie Planung. Ungeachtet dessen fällt die Mitverantwortungsquote des Bauherrn (in dessen Lager der planende Architekt steht) gegenüber dem ausschreibenden und bauüberwachenden Architekten in der oben genannten Entscheidung mit einem Drittel eher gering aus.

Verantwortung von Architekt 2

Nach Auffassung des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der sich im konkreten Fall das OLG München anschloss, war die Ausschreibung des Brandschutzes durch Architekt 2 besonders wichtig und deshalb der Ausschreibungsfehler ausschlaggebend für die Haftung. Wie dem ausschreibenden und Bauaufsicht führenden Architekten der Planungsfehler bei der Ausschreibung hätte auffallen sollen, erläutert das Gericht hingegen nicht. Entscheidend für die Haftungsquote war wohl die Übernahme der Objektüberwachung durch Architekt 2. Dem ausschreibenden und auch Bauaufsicht führenden Architekten komme eine herausgehobene Stellung unter den Baubeteiligten zu. Ihm obliege es, für eine mangelfreie Realisierung zu sorgen. Dazu gehöre auch in „den durch die Aufgabe vorgegebenen Grenzen“ die Prüfung der ihm vorgelegten Pläne. Diese müssen geeignet sein, das Bauwerk mangelfrei entstehen zu lassen. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29. September 1988 – Az.: VII ZR 182/87): Der überwachende Architekt ist gegenüber dem Bauherrn verpflichtet, die von ihm umzusetzende Planung des Vorgängerarchitekten zu überprüfen.

Mit Vereinbarungen zur Haftungsbegrenzung, wie zum Beispiel „Für Planungsbeiträge des Bauherrn wird keine Gewährleistung übernommen“ oder „Planungsbeiträge des Bauherrn werden nicht geprüft“, wird regelmäßig wenig erreicht. Denn der ausschreibende Architekt haftet nicht etwa wegen der mangelhaften Planung des Bauherrn, sondern aufgrund eigener Versäumnisse.

Veraltete oder lückenhafte Planung

Nicht nur bei öffentlichen Auftraggebern ruht die Realisierung von Bauvorhaben oftmals nach der Erstellung (ursprünglich) genehmigungsfähiger oder bereits genehmigter Planergebnisse. In dieser Zeit können sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik oder die entsprechende Normung verändern. Exemplarisch ist hier der oben angesprochene Brandschutz. Der mit der Fortschreibung der Planung beauftragte Architekt sollte die vom Bauherrn zur Verfügung gestellte Planung kritisch infrage stellen. Gleiches gilt bei Auftraggebern, die meinen, Leistungsphasen „sparen“ zu können. Hier sollten die Ergebnisse der nicht beauftragten Leistungsphasen selbstbewusst beim Auftraggeber angefordert werden.

Unklares Schnittstellenmanagement

Gerade bei größeren Bauvorhaben kommt dem sogenannten Schnittstellenmanagement große Bedeutung zu. Alle erforderlichen Planungsbeiträge müssen möglichst klar verteilt werden. Anderenfalls neigt die Rechtsprechung dazu, dem mit der Objektplanung beauftragten Architekten die Verantwortung für Mängel durch fehlende Planung zuzuweisen – entweder wegen einer mangelhaften Koordination der Planungsbeiträge oder wegen der Verletzung von Beratungspflichten bei Beauftragung der Fachplaner durch den Bauherrn.

Generalplanung

Der Vorteil der Generalplanung liegt für den Bauherrn in einer Planung aus einer Hand. Neben dem vorgenannten Schnittstellenmanagement muss der Generalplaner besonders darauf achten, die Planungsanforderungen „durchgängig“, also mit seinen Pflichten identisch, an seine Subplaner weiterzugeben, um intern im Fall fehlerhafter Planung Regress nehmen zu können. Häufig ist jedoch zu beobachten, dass die Weitergabe von Planungspflichten eher „leger“ gehandhabt wird und sich so Planungsrisiken beim Generalplaner ansammeln.

Architekt und Landschaftsarchitekt

Zur Frage der Erfüllungsgehilfenschaft in der Konstellation Architekt – Landschaftsarchitekt hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. Juli 2016 (Az.: VII ZR 193/14) entschieden, dass sich auch die Haftung eines Landschaftsarchitekten minimieren kann, wenn der Bauherr ihm falsche Pläne eines anderen Architekten gegeben hat (vgl. „Was verjährt wann?“).

Schlussbemerkung

Es sollte also allen klar sein: Auf mangelfreie Pläne darf sich der die Planung fortführende Architekt nicht verlassen. Werden Planungsbeiträge anderer Planer übernommen, ist eine kritische Prüfung unabdingbar. Diese sollte daher mit entsprechenden Honorarzuschlägen vergütet werden. Dies sieht die HOAI in § 8 Abs. 3 ausdrücklich vor: „Die gesonderte Vergütung eines zusätzlichen Koordinierungs- oder Einarbeitungsaufwands ist schriftlich zu vereinbaren.“

Julian Stahl ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei der LUTZ | ABEL Rechtsanwalts GmbH in München.

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