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[ Rentenversicherung ]

In erster Instanz befreit

Die unteren Sozialgerichte urteilen zur DRV-Befreiung oft anders als die Landessozialgerichte und schauen dabei auf wichtige Details.

Foto: Fotolia
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Von Kathrin Körner

Auch die erstinstanzlichen Sozialgerichte beschäftigen sich oft mit der Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Die zweite Instanz, also das jeweilige Landessozialgericht (LSG), kann von deren Rechtsprechung allerdings durchaus abweichen. Zudem fühlt sich die DRV selten über den Einzelfall hinaus an die Entscheidungen der erstinstanzlichen Gerichte gebunden (siehe hier). Da die Entscheidungen der LSGs ihrerseits vom Bundessozialgericht „kassiert“ werden können, ist erst eine Entscheidung von dort geeignet, für Rechtssicherheit zu sorgen.

Bauvorlageberechtigung kein Kriterium

Unerheblich für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist, jedenfalls nachAuff‹assung erstinstanzlicher Sozialgerichte, ob der Architekt als Bauvorlageberechtigter tätig ist (Urteil des SG München vom 12.10.2016, Az“.: S Ž”15 R 2628/15; ebenso SG Detmold vom 29.11.2016, ‘˜ŽŽ‘„Ž’Az.: “S 6 ’R 156/16). Für die Befreiung spielt es keine Rolle, ob die aktuelle Beschäftigung des Architekten das Einreichen von Bauvorlagen umfasst oder nicht. Hilfreich ist der Hinweis auf die in der Praxis benötigte Bauvorlageberechtigung gegebenenfalls aber allemal. Wer von ihr Gebrauch macht, ist zu befreien. Andersherum funktioniert es nicht“. Wer sie nicht gebraucht, kann trotzdem befreit werden.

Mehr als Planen und Zeichnen

Nach Ansicht des SG Stuttgart soll für eine Befreiung nicht erforderlich sein, dass sämtliche spezifischen Berufsaufgaben eines Architekten tatsächlich im Rahmen seiner konkretenTätigkeit ausgeübt werden (Bescheid vom 29.11.2016, Az.:“ S ‘Ž21 R 3692/14; ebenso SG Detmold vom 29.11.2016, Az.: “S 6 ’R 156/16).

Entgegen der von der DRV vertretenen Ansicht handele es sich bei der berufstypischen Tätigkeit eines Architekten nicht nur um das bloße Planen und Zeichnen von Bauvorhaben sowie die spätere Bauüberwachung. Vielmehr gehe der Aufgabenbereich weit darüber hinaus (SG München, Urteil vom‘Ž„ 21.07.2017, Az.: “S‘ 27 RŽ‘˜’ 1297/16 sowie Urteil vom 22.09.2017, Az.: “S 27 R 3445/16). Eine andere Au‹ffassung vertritt das LSG NRW hinsichtlich eines Energieberaters (siehe hier).

So hat auch das SG Heilbronn entschieden, dass etwa auch die Pflege von Geschäftsbeziehungen und Kundenakquise mit dem Ziel der Durchführung einer Marktanalyse essenzieller Bestandteil des Berufsbilds eines Architekten sein können (Bescheid vom „„•‘„Ž10.08.2017, Az.: “S 13 R 4067/15. Ein Architekt befasse sich außerdem oftmals mit Querschnittsaufgaben „in denen viele Disziplinen interdisziplinär zusammenarbeiten“ (so u.a. das SG München, Urteil vomŽ 12.10.2016, ‘Ž„‘„Ž’Az.: “S 15 2628/15 sowie Urteil vom‘‘„˜‘„Ž 22.09.2017, Az.:“S 27 R 3445/16).

Stellenausschreibung unerheblich

Ob eine konkreteTätigkeit als berufsspezifisch für einen Architekten einzustufen ist oder nicht, hängt nicht von den laut Stellenanzeige hypothetisch infrage kommenden anderenQualifikationen ab. Dies wurde von den Sozialgerichten einhellig festgestellt und entspricht dem in der Befreiungsnorm verankerten „Tätigkeitsbezug“. Unerheblich ist demnach, obdie Stelle auch von Personen anderer Berufsgruppen hätte besetzt werden können. DieArbeitgeber hätten ein legitimes Interesse, durch eine Stellenausschreibung möglichst viele verschiedene Bewerber anzusprechen. Demnach sei es unschädlich, dass in einer Stellenanzeige neben Architekten auch Bauingenieure, Städtebauer oder ähnliche Berufe gesucht würden. (SG Frankfurt a. Main, Gerichtsbescheid vom 25.10.2016, Az.: A S 31 R 541/15; ebenso SG Stade, Urteil vom 13.11.2017, Az.: A 4 R 158/15).

Konkrete Tätigkeit entscheidend

Die erstinstanzlichen Gerichte begründen schlüssig, dass allein die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung entscheidend ist (SG München, Urteile vom 08.12.2016, Az.: S 30 R‰‰Š‰‹ 2449/14; vom 29.05.2017, Az.: S 7 R 823/16 sowie vom 08.08.2017, Az.: S 47 R 2846/16; SG Heilbronn, Bescheid vom 10.08.2017, Az.: S 13 R 4067/15). Bestätigt wird dies auchdurch eine Entscheidung des SG München’, das festgestellt hat’, dass die Befreiung nicht personen-’ sondern rein tätigkeitsbezogen erfolgt (Urteil vom 21.07.2017, Az.: S 27 R 1297/16).

Berufsständische Bewertung maßgeblich

Die Rolle der Architektenkammern wurde durch die erstinstanzlichen Gerichte gestärkt. Das SG München sowie das SG Landshut haben klargestellt’, dass es nicht in der Zuständigkeit der Rentenversicherung liege, ’zu entscheiden, ’wer als Architekt einzuordnen sei. Nicht allzu fest verankert dürfte bei der DRV schließlich das Fachwissen darüber sein’, was den Architektenberuf aktuell ausmacht.  Herausgestellt wird’, dass die Definition der kammerpflichtigen akademischen Berufe den Kammern selbst im Zusammenwirken mit dem Gesetzgeber überlassen bleiben müsse (SG München, ’Urteilvom 08.12.2016, Az.: S 30 R 2449/14 und SG Landshut’, Urteil vom ŠŽ‘Ž’29.05.2017, Az.: S 7 R 823/16).

In der bislang ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung findet sich diese Überlegung – Kammermitgliedschaft als Indiz für Befreiungsfähigkeit – leider noch nicht.

Kathrin Körner ist Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) bei der Bayerischen Architektenkammer.


Mehr Informationen zum Thema Recht erhalten Sie hier 

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