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[ Kolumne ]

Art d‘Öko

Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung stehen heute überparteilich in vielen Glaubensbekenntnissen. In der Praxis gehören sie jedoch auch zum Lifestyle, mit dem man es sich kritiklos bequem machen kann.

Wolfgang Bachmann. (Foto: Myrzik Jarisch)
Wolfgang Bachmann. (Foto: Myrzik Jarisch)

Text: Wolfgang Bachmann

Erinnert sich noch jemand an Herbert Gruhl? Er machte in den 1970er Jahren als Bundestagsabgeordneter der CDU erstmals mit grünen Ideen von sich reden. Während seine Partei noch dem Wirtschaftswunder nachtrauerte, irritierte Gruhl mit Begriffen wie Umweltvorsorge und Ressourcenschonung, ja, er stellte die unsterbliche Seele des Kapitalismus in Frage: Wachstumspolitik. In die Feuilletons schaffte er es mit seinem Bekenntnis zur persönlichen Energiewende: In seinem Haushalt gab es keine Spülmaschine.

Solche praktizierten Verzichtserklärungen galten lange Zeit als unverwechselbares Indiz (um)weltverbessernder Gutmenschen: Raumtemperatur senken, schrumpelige Bio-Äpfel kaufen, die Kinder auf Altpapier aus dem Nadeldrucker malen lassen. An selbstgestrickten Pullovern und Fußbettsandalen erkannte man die Sympathisanten, die sich einschränkten, weil wir nur eine Welt haben. Aber während die Alternativen noch den Spott einsammelten, kippte die gesellschaftliche Befindlichkeit allmählich um.

Es wurde chic, beim Biometzger Kobe-Rindfleisch zu kaufen, die Kinder mit dem Geländewagen in die Waldorfschule und sündhaft teure Bikes in die Berge zu transportieren. Häuser sind jetzt wohngesund, dicke Bretter, atmende Materialien und offene Feuerstellen gehören zu den unveränderlichen Kennzeichen der genussorientierten Haushalte. Man hat gut lachen über den Sponti-Witz, dumme Menschen glaubten, der Strom komme aus der Steckdose, denn man selbst versorgt sich ja mit Solarenergie, mit Wärmepumpe und kontrollierter Wohnraumlüftung. Verzichten braucht man auf gar nichts, weder auf Pool, noch auf Sauna. Und alles geht automatisch und lässt sich von unterwegs übers Handy steuern. In jedem Zimmer leuchten rote Lämpchen, die die ständige Bereitschaft für Information, Unterhaltung und Komfort anzeigen.

Da fragen wir uns, ob es gottgegeben ist, dass wir auf nichts verzichten wollen und jede vermeintliche Einschränkung nur akzeptieren, wenn sie durch einen bequemen Vorteil wettgemacht wird. Am deutlichsten bei den Autos, die regelmäßig ein paar Dezi weniger Sprit brauchen und gleichzeitig mehr Leistung bieten. Typisch der neue Audi Zehnzylinder. 610 PS, doch mit Start-Stopp-Automatik zum Spritsparen. Wenn man eine kleine Taste am Lenkrad drückt, öffnen sich die Auspuffklappen und dann brüllt die Rennwanne los. Soll keiner glauben, man habe sich den Öko-Spießern angeschlossen!

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