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[ Recht ]

Die Rechte der Preisträger

Welche Rechte haben Preisträger eines Planungswettbewerbs im nachgeschalteten Verhandlungsverfahren?

Von Martin Hahn und Elmar Loer

Der Planungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren – oft schlicht als Architektenwettbewerb bezeichnet – gilt als „Königsdisziplin“, wenn es um die öffentliche Vergabe von Architektenleistungen geht. Der vorliegende Beitrag setzt einen Schwerpunkt auf die Rechte der im Planungswettbewerb erfolgreichen Preisträger im anschließenden Verhandlungsverfahren. Diese werden zunehmend in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren geltend gemacht. Ein Trend, der darauf schließen lässt, dass sich die erfolgreichen Büros nicht mehr „alles gefallen lassen“ möchten und konjunkturell auch nicht müssen.

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, alle in der Praxis aufkommenden Fragestellungen und Problemfelder im Zusammenspiel zwischen Planungswettbewerb und Verhandlungsverfahren darstellen zu wollen. Daher werden anhand aktueller Rechtsprechung zwei Problemfelder in den Mittelpunkt gerückt, die immer häufiger aufkommen und sehr kontrovers diskutiert werden. Neben dem Dauerbrenner der richtigen „Übersetzung“ der Wettbewerbsergebnisse in das für den Zuschlag letztlich maßgebliche Verhandlungsverfahren ist für teilnehmende Büros natürlich auch das Honorar für zusätzliche Lösungsvorschläge im Verhandlungsverfahren von großer Bedeutung.

„Übersetzung“ des Wettbewerbsergebnisses in das Verhandlungsverfahren

Das Preisgeld im Wettbewerb deckt die Kosten der erfolgreichen Teilnehmer nur in Ausnahmefällen. Damit stellt sich für den Sieger des Planungswettbewerbs die Frage, ob er auf dem Weg zum lukrativen Auftrag nur eine Schlacht oder doch schon den gesamten Krieg gewonnen hat. Für die nachrangigen Preisträger ist andersherum maßgeblich, ob sie noch eine realistische Chance auf den Zuschlag haben und weiterer Aufwand lohnenswert erscheint. Wesentlich ist dabei natürlich in erster Linie, welches Gewicht die Wettbewerbsergebnisse im Verhandlungsverfahren erhalten:

Der einfachste und zugleich schönste Fall für den ersten Preisträger liegt auf der Hand. Der öffentliche Auftraggeber darf nur mit dem ersten Preisträger verhandeln, wenn er dies von Anfang an transparent so vorgesehen hat. Diese Möglichkeit stellt eine vergaberechtliche Ausnahme dar. Generell geht das Vergaberecht ansonsten davon aus, dass bis zum Zuschlag nach Möglichkeit ein Wettbewerb zwischen den potentiellen Auftragnehmern gewährleistet werden soll. Dies ist hier nicht der Fall, weswegen solche exklusiven Verhandlungen auch tendenziell eher selten anzutreffen sind. Es gibt aber durchaus nachvollziehbare Gründe, diesen Weg in Zukunft häufiger zu beschreiten. Das zeigt sich an den nachfolgend dargestellten Problemen, die sich bei einer exklusiven Verhandlung nicht ergeben.

Ein großes Problem für den öffentlichen Auftraggeber stellt nämlich die Wertung des Wettbewerbsergebnisses im Verhandlungsverfahren dar, wenn er mit allen Preisträgern in das Verhandlungsverfahren einsteigen möchte. Wie auch immer die „Übersetzung“ des Wettbewerbsergebnisses in das Verhandlungsverfahren gestaltet wird, einem der Beteiligten wird man es nicht recht machen. Daher sollte die Gestaltung rechtlich so wasserdicht wie möglich sein.

Wichtig ist zunächst, ob sich der öffentliche Auftraggeber ohne Einschränkung an die RPW bindet. Während Bayern in diesem Zusammenhang einen Sonderweg beschreitet und § 8 Abs. 2 RPW 2013 in der Weise eingeführt hat, dass „einer der Preisträger“ mit den weiteren Planungsleistungen beauftragt werden soll, gibt es im Rest der Bundesrepublik die Vorgabe, dass „in der Regel der Gewinner“ mit diesen Leistungen zu beauftragen ist. Von dieser Vorgabe kann allerdings in der Auslobung mit Begründung und in Abstimmung mit der Architektenkammer zugunsten einer Auswahl aus allen Preisträgern – wie in der bayerischen Version der RPW 2013 – abgewichen werden.

Daraus folgt, dass in der bayerischen Konstellation im Rahmen der Übersetzung des Wettbewerbsergebnisses der Punkteabstand zwischen den Preisträgern durchaus relativ gering ausfallen kann.

Im Gegensatz dazu hat das OLG Frankfurt (Beschluss vom 11.04.2017 – 11 Verg 4/17) bezüglich der Konstellation, dass in der Auslobung die Privilegierung des Wettbewerbssiegers im Wortlaut der Bundes-RPW („in der Regel der Gewinner“) vorgesehen ist und gleichwohl mit allen Preisträgern Verhandlungen geführt werden, entschieden, dass es hier nicht ausreichend ist, den Erhalt des ersten Preises gegenüber dem Erhalt weiterer Preise lediglich mit einem Punktevorsprung von nicht einmal 10 Prozent der für das Verhandlungsverfahren insgesamt erreichbaren Maximalpunktzahl zu berücksichtigen. Der Auftraggeber befindet sich hier in einer Zwickmühle. Denn er hat auch den allgemeinen Grundsatz zu beachten, dass alle Teilnehmer eine Chance auf den Zuschlag haben müssen. Die Punkteabstände „richtig“ zu setzen, ist damit alles andere als einfach, zumal sich aus der Rechtsprechung keine konstruktive Handlungsanweisung ergibt.

Auch die zuletzt ergangene Entscheidung der Vergabekammer (VK) Baden-Württemberg (Beschluss vom 16.05.2018, 1 VK 11/18) zeigt keinen sicheren Weg auf. Die Kammer meint, dass zwar innerhalb des Wettbewerbsergebnisses deutliche Abstände notwendig seien, dann aber das Wettbewerbsergebnis an sich mit deutlich unter 50 Prozent in die Gesamtwertung einfließen könne. Damit seien beide Ansprüche unter einen Hut zu bringen. Das Problem ist aber nur scheinbar gelöst: Der erste Preisträger soll „in der Regel“ den Zuschlag erhalten. Ob dies in der Binnenwertung für das Wettbewerbsergebnis oder in der Gesamtwertung aller Kriterien unterminiert wird, ist unerheblich.

Für die Praxis ist es wichtig, dass der Auslober auf jeden Fall – nach Abstimmung mit der zuständigen Architektenkammer – eindeutig in der Auslobung entsprechend der vergaberechtlichen Vorgabe in § 14 Abs. 4 Nr. 8 VgV festlegen muss, ob er den Gewinner oder – mit einer entsprechenden Begründung – einen der Preisträger zu beauftragen beabsichtigt. Im Fall der zweiten Variante muss das Verhandlungsverfahren dann so ausgestaltet sein, dass alle Preisträger eine realistische Chance haben, den Auftrag zu erlangen. Mitunter kann der (öffentliche) Auftraggeber nur durch die Möglichkeit, noch Verhandlungen mit allen Preisträgern zu führen, überzeugt werden, überhaupt einen RPW-Wettbewerb auszuloben.

Honorarfragen im Zusammenhang mit der Vergütung zusätzlicher Lösungsvorschläge

Ein weiterer häufiger Streitpunkt liegt in der Frage, wie Neukonzeptionierungen bzw. Überarbeitungen der bisherigen Planungsleistungen im Verhandlungsverfahren angemessen vergütet werden. Klar ist dabei nur, dass Lösungsvorschläge wie Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen außerhalb des Wettbewerbs zu vergüten sind. Das ist in § 77 Abs. 2 VgV eindeutig geregelt. Die Höhe der festzusetzenden Vergütung bzw. deren Angemessenheit ist aber hoch streitig. Insbesondere stellt sich bei Grundleistungen die Gretchenfrage, ob eine Vergütung nach HOAI geschuldet ist. Die Rechtsprechung tendiert zu diesem für alle Planer sehr positiven Ansatz (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2018, Az. 1 VK 11/18; VK Südbayern, Beschluss vom 29.06.2017, Az. Z3-33194-1-13-04/17). Während die VK Baden-Württemberg eine tiefergehende rechtliche Begründung vermissen lässt, weist die VK Südbayern richtigerweise auf den Umstand hin, dass der Verordnungsgeber bei der Fassung des § 77 Abs. 2 und 3 VgV sicher keine Schlechterstellung gegenüber der alten Regelung (§ 20 Abs. 3 VOF a.F.) im Sinn hatte. Dementsprechend sei auch hier eine Vergütung nur dann als angemessen anzusehen, wenn sie nach den Regelungen der HOAI ermittelt wird. Die VK Südbayern stellt zudem unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19.04.2016 – Az.: X ZR 77/14 – klar, dass eine laut BGH notwendige vertragliche Vereinbarung mit dem Abfordern von Leistungen nach der HOAI im konkreten Vergabeverfahren unmittelbar zustande komme. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf die lesenswerte Besprechung der Entscheidung der VK Südbayern   verweisen.

Aufgrund der bislang fehlenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Thematik bestehen in der Praxis allerdings weiterhin gewisse Unsicherheiten. Denn die Auftraggeberseite propagiert weiterhin eine Art „Aufwandsentschädigung“, die regelmäßig massiv unter den HOAI-Honoraren liegt. Dabei wird die Rechtsprechung des BGH zu ähnlichen Fällen gerne als Hinweis auf eine eher entschädigungsbezogene Sichtweise gedeutet.

Für den Streit ausschlaggebend könnte § 77 Abs. 3 HS 1 VgV sein, wonach gesetzliche Gebühren- oder Honorarordnungen (hier: die HOAI) bei Festlegung einer angemessenen Vergütung unberührt bleiben. Wie der eindeutige Wortlaut der Norm schon sagt, handelt es sich auch nicht um eine Entschädigung, sondern um eine Vergütung. Auch die Begründung des Gesetzgebers zur VgV (Drucksache 18/7318) spricht eindeutig dafür, dass die HOAI jedenfalls für solche Leistungen Anwendung finden muss, die nach der HOAI zu vergüten sind.

Damit hat sich unter dem Strich eine angemessene Vergütung im Sinne des § 72 Abs. 2 VgV sehr wahrscheinlich daran zu orientieren, was nach HOAI das Honorar für die Teilleistungen darstellt, die im Rahmen des zusätzlichen Lösungsvorschlags verlangt werden. Das führt zu Ansprüchen der beteiligten Preisträger, die regelmäßig ein Vielfaches des „Trostpflasters“ ausmachen, welches der öffentliche Auftraggeber von sich aus zugestehen möchte.

Hinweis für die Praxis

Generell gilt im streng formalistischen Vergaberecht der Grundsatz, dass alle Fehler, Widersprüche oder unzulässigen Regelungen gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden müssen, sobald sie erkannt wurden und/oder bevor ein Angebot abgegeben wird. Hier ist also keine Zeit für lange Überlegungen, es sollte schnell und konsequent gehandelt werden, sobald ein Problem erkannt ist. Andernfalls droht die sog. Präklusion, an sich bestehende Rechte können dann nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden.

Auf die von der öffentlichen Hand bekanntzugebenden Wertungskriterien muss demnach frühzeitig – also bereits im Planungswettbewerb – genau geachtet werden. Ob eine Rüge oder ein frontaler Angriff sinnvoll ist, muss wirtschaftlich und rechtlich bewertet werden. Bei der Honorarfrage ist wichtig, dass nach eindeutiger Rechtsprechung des BGH nicht rügelos gearbeitet werden kann, um dann im Nachgang eine angemessene Vergütung über eine Mindestsatzhonorarklage zu erreichen. Damit wäre man präkludiert, weil man sich auf die festgeschriebenen (rechtswidrigen) Bedingungen eingelassen hat. Auch in diesem Falle muss also ggf. ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden, in dem die Angemessenheit der Vergütung thematisiert wird.

Im Zweifelsfall sollte ein Preisträger, der einzelne Festlegungen im Verhandlungsverfahren nicht akzeptieren möchte, immer eine schnelle Nachfrage bei der Architektenkammer oder einem Rechtsanwalt in Erwägung ziehen. Nichts ist ärgerlicher, als eine gute Rechtsposition allein aufgrund unnötiger Präklusion zu verlieren. Oft kann auch ohne ein Nachprüfungsverfahren eine gute Lösung für alle Beteiligten gefunden werden. Viele öffentliche Auftraggeber versperren sich den hier aufgezeigten Argumenten nur noch in Ausnahmefällen.


Martin Hahn ist Partner in der Kölner Kanzlei Lenz und Johlen und leitet dort das vergaberechtliche Dezernat. Gemeinsam mit seinem Kollegen und Co-Autor Dr. Elmar Loer hat er das Architekturbüro vertreten, das sich vor der VK Baden-Württemberg erfolgreich gegen unzulässige Verfahrensbedingungen zur Wehr gesetzt hat.


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